Triumph der Lobbykrati

Wolfgang Schmitt

Viele im Gesundheitswesen kennen Herrn Professor Dr. med. Peter Sawicki. Fünf Jahre lang leitete das von der Bundesregierung eingesetzte Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

Viele im Gesundheitswesen  kennen Herrn Professor Dr. med. Peter Sawicki. Fünf Jahre lang leitete das von der Bundesregierung eingesetzte Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Seinen Job hat er gut gemacht, davon sind jedenfalls die Krankenkassen und sehr viele Mediziner überzeugt. Doch seit die FDP an der Macht ist, war klar, dass sein Vertrag nicht verlängert wurde. Nun bekam Sawicki die Kündigung, auf  Druck von Medizinfunktionären und mit Billigung des FDP-Gesundheitsminister Dr.Philipp Rösler. Es habe allzu viele Ungereimtheiten mit Sawickis Dienstwagen und seine Spesenabrechnungen gegeben, heißt es, aber das ist natürlich nicht der Grund für dessen Rauswurf. Der wahre Grund ist Sawickis kritische Haltung gegenüber der Pharmaindustrie. So steht es in einem Ministerbeschluss der Bundesländer, den vor etwa 10  Monaten auch Rösler, der damals noch Wirtschaftsminister in Niedersachsen, unterstützt hat: Die Methodik von Sawickis Institut sei „volkswirtschaftlich nicht hinnehmbar“, heißt es da. Das Institut müsse sich an anderen Kriterien orientieren: Hierzu zählen unter anderem die Wettbewerbfähigkeit insbesondere der heimischen pharmazeutischen Unternehmen. Nun ist jedenfalls für Leute ohne FDP-Parteibuch, eine ziemlich abwegige Vorstellung, dass sich ein Kontrolleur vor allem an den Interessen der zu Kontrollierenden orientieren sollte. Doch der Minister Rössler sieht die Aufgabe des IQWiG offenbar darin, den Pillenabsatz in Deutschland anzukurbeln, und das sollte allen Patienten zu denken geben, wenn ihnen der Doktor beim nächsten Mal ein Medikament verordnet. Das Deutsche Gesundheitswesen ist dringend reformbedürftig, und einiges von dem, was die FDP unter den Stichpunkten “mehr Wettbewerb „mehr Transparenz“ „weniger Bürokratie“ in ihr Programm geschrieben hat, ist richtig und wäre es wert, umgesetzt zu werden.

Doch nun zeigt sich, dass das Programm der FDP das Papier nicht wert ist. Ihre Forderung „nach mehr Wettbewerb“ gilt nicht für Apotheker denen die Liberalen unliebsame Konkurrenz durch Drogerien vom Hals schaffen will. Sie gilt auch nicht für niedergelassene Ärzte, die sich bei der FDP erfolgreich darüber beklagt haben, dass ihnen die neuen Medizinischen Versorgungszentren die Patienten wegnehmen könnten. Sie gilt nicht für die Pharmaindustrie, die mehr Geld für Marketing als für Forschung ausgibt und versucht, den Patentschutz ihrer Präparate durch Pseudoinnovationen zu verlängern. Und sie gilt auch nicht für die Private Krankenversicherung, der es gelungen ist, ihren findigsten Lobbyisten an führender Abteilungsleiterstelle im Gesundheitsministerium zu platzieren.

Etwa 10 Millionen Kassenpatienten bekommen derzeit Post von ihrer gesetzlichen Krankenkasse, mit der schlechten Nachricht, dass sie einen Zusatzbeitrag zahlen müssen. Die Obergrenze bei den Zusatzbeiträgen soll von ein auf zwei Prozent, etwa 75 € im Monat betragen. Aber einen Sozialausgleich im unteren Einkommensbereich wird es nicht geben. CDU-Gesundheitsexperte Johannes Singhammer sagte, wenn der Zusatzbeitrag überall erhoben wird, brächte dies zehn Milliarden Euro. Die vermeintliche große Strukturreform durch die FDP ist zu einer Abgabenerhöhung zusammengeschrumpft. Die noch schlechtere Nachricht aber lautet, dass das Geld im marodem Gesundheitssystem  sofort versickern wird. Die von der Bundesregierung angekündigte Reformkommission hat noch nicht einmal ihre Arbeit aufgenommen. Rössler selbst hat es auch nicht eilig.

Augenscheinlich war es ein Fehler zu glauben, die FDP sei ihrer Verantwortung im Gesundheitswesen gewachsen.

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